bearbeitet Okt 2022
Meine Tochter und ich wohnen alleine. Und wenn sie beim Papa ist, leben die beiden auch alleine. Gerade in so verstörenden Zeiten wie der Coronakrise mache ich mir manchmal schon Gedanken, was passiert, wenn mir etwas passiert. Es muss ja nicht gleich das Schlimmste sein, aber in der Dusche ausgerutscht sind wir doch alle schonmal. Und in dieser Situation ist hier kein zweiter Erwachsener. Unserem Papa geht es genauso, er ist noch eher der besorgte Typ als ich, deshalb habe ich mir sowas wie einen Notfallplan für Kinder von Alleinerziehenden ausgedacht.
Das Kind draußen schützen
Meine Tochter ist jetzt 3,5 Jahre alt. Da sie sehr früh sehr gut sprechen konnte, kann sie seit ungefähr einem Jahr ihre Daten runterbeten. Vorname, Name, meine Adresse und die des Papas. Seinen Nachnamen kennt sie natürlich auch. Ob sie das im Zweifel in einer Notsituation draußen oder am Telefon auch wiedergeben kann, das weiß ich nicht, getestet haben wir es nicht. Sie ist aber auch noch sehr klein, daher ist meine Strategie erstmal eine andere.
Wenn klar ist, dass wir in eine Menschenmenge gehen, dann schreibe ich ihr meine Telefonnummer mit Kugelschreiber auf den Arm. Wichtig: ohne Namen des Kindes! Als ich das einmal vergessen habe und kein Stift zur Hand war, habe ich ihr meine Visitenkarte an der Kapuze festgebunden. Es kommt sicher auch darauf an, welchen Charakter ein Kind hat, meins bleibt in Menschenmengen auf meinem Arm oder ganz nah bei mir und registriert sofort, wenn sie mich nicht mehr sieht. Sie bleibt dann stehen und ruft laut Mama. Das macht sie instinktiv, ist aber genau das richtige Verhalten. Nichts ist schwerer zu finden als ein sich bewegendes Ziel, besonders mit der Panik, die man als Elternteil in dem Moment verspürt.
Wie man Kinder gut vorbereitet auf den Umgang mit Fremden, besonders ältere Kinder,, findet ihr sehr schön aufbereitet auf einem meiner Lieblingsblogs: Das gewünschtes Wunschkind. Hier findet ihr auch alle Infos für das Verhalten draußen.
Notfallplan für Kinder
Telefonieren
Mir geht es aber eher darum, was passiert, wenn ich verletzt, ohnmächtig oder schlimmeres bin und mein Kind sich selber helfen muss. Ich bin keine besonders ängstliche Person, aber gerne gut vorbereitet. Genauso wie ich einen Plan für verschiedene Situationen wie Feuer oder eine Verletzung meines Kindes im Kopf habe, so habe ich einen Notfallplan für Kinder erstellt, den ich meiner Kleinen altersgerecht beibringe.
Wie gesagt, mein Kind ist 3,5. Sie lernt gerade, selbstständig jemanden anzurufen. Da ich kein Festnetz habe, muss es das Handy sein. Und machen wir uns nichts vor, das können die meisten Dreijährigen bedienen.
Update: meine Tochter ist jetzt 6, weiß genau, dass sie mir das iPhone nur vors Gesicht zu halten braucht, um es zu entsperren, weiß ihren Namen, ihre Adresse und wie die Feuerwehr gerufen wird. Oder wie sie Oma, Papa oder wen auch immer anrufen kann, um sich Hilfe zu organisieren.
iPhone
Ich finde, beim iPhone ist es wirklich einfach, auch ohne das Gerät zu entsperren, einen Anruf zu starten. Wischt man auf dem gesperrten Telefon von links nach rechts, öffnet sich eine Widget Liste, in die man was auch immer legen kann. Bei mir liegen nun ganz oben Shortcuts, die bebildert sind und entweder Oma oder Papa per FaceTime anrufen oder die Feuerwehr. Darunter liegt meine Telefon Favoritenliste. Dort sind die wichtigsten Telefonummern mit Bildern hinterlegt. Das Kind kann also auch hier Oma, Papa und meinen Bruder anrufen. Gut, das könnte jemand, der das Telefon findet, jetzt auch, aber mit dem Risiko kann ich leben. Ruft der halt meine Mama an, ich wünsche viel Spaß.
Android
Kann ich nicht beurteilen, ich habe keins, meine Freundin sagt aber, auch da kann man vom Homescreen auf die Favoritenliste zugreifen. Kommt auf die Version an. Zur Not einfach mal googeln.
Wir üben jetzt regelmäßig, dass eben die Kleine die Oma anruft und sich den Weg auf dem Telefon einprägt. Ich habe ihr auch gesagt, dass sie das machen soll, wenn ich vielleicht mal gestürzt bin oder nicht antworte, das fand sie aber gruselig. Daran habe ich gemerkt, dass es noch zu früh dafür ist. Je nach Charakter und Alter des Kindes kann auch ein Anruf bei der Feuerwehr geübt werden, besprechen, was die Feuerwehrfrau sagen könnte, was dann passiert und wie man die Tür öffnet.
Ich übe jetzt erstmal spielerisch mit ihr, Oma anrufen, Papa anrufen. Meine Eltern sind Rentner und meistens zu erreichen, das reicht mir erstmal als Sicherheitsnetz. Meine Mutter könnte dann einen Rettungswagen rufen.
Brenzlige Situationen üben
Mit größeren Kindern ist das sicher eine gute Idee. Man kann mit ihnen üben, draußen stehenzubleiben und zu rufen, wenn die Eltern auf einmal weg sind. Oder wen man ansprechen könnte. Haben sie schon ein eigenes Handy, ist dieses Problem schon behoben. Sie können Gespräche mit einem Beamten üben. Sie verstehen schon, dass sie mit Fremden nicht mitgehen dürfen.
Bei kleineren Kindern können Bücher sehr hilfreich sein. Eine gute Liste mit Büchern gibt es wieder beim gewünschtesten Wunschkind.
Notfallplan für Erwachsene
Zweitschlüssel verteilen
Es sollte unbedingt jemand einen Zweitschlüssel zur Wohnung haben. Meine Eltern haben einen, sind aber eine Autostunde entfernt. Wenn klar ist, dass mit mir etwas ist, wird die Feuerwehr gerufen, die kommen schon rein. Aber was ist, wenn ich über Stunden für niemanden zu erreichen bin? Da schickt man ja nicht auf Verdacht mal eben die Feuerwehr oder Polizei vorbei. Kann ja auch mal der Akku leer sein oder ich schlafe. Ich gehe öfter mal mit dem Kind ins Bett und dann bin ich eben ab 19:00 nicht zu erreichen, weil mein Handy aus ist. Dafür suchen wir noch eine andere Lösung, denn nachts möchte ich das Handy nicht angeschaltet lassen. Ich muss doch das Festnetz mal wieder anschließen.
Ein Schlüssel bei einer Person im Haus oder in der Nähe gibt also Sicherheit in Situationen, in denen andere erstmal nicht abschätzen können, was los ist.
Telefonnummern austauschen
Natürlich sind wir als Familie untereinander vernetzt, aber auch ein größeres Netz kann Sicherheit bieten. Meine Mama hat die Telefonnummer meines direkten Nachbarns, ich die von Papas Nachbarn. Wenn ich jetzt mal 12 Stunden nichts von Kind und Papa hören sollte, würde ich dort anrufen. Die könnten dann nachschauen gehen. Da wir generell viel schreiben und telefonieren, wären 12 Stunden schon sehr ungewöhnlich. Das Telefonnetz gibt mir ein Gefühl von Sicherheit, denn ich bin im Zweifel 12 Flugstunden entfernt, wenn da Panik ausbricht, sollte wirklich ein Notfallplan nicht nur für Kinder bereit stehen.
Nicht in der Wohnung einschließen
Das soll ja sowieso für den Fall eines Brandes nicht gemacht werden. Im Erdgeschoss in der Berliner Innenstadt, hmmmm. Das muss man gut abwägen. Wir wohnen im Erdgeschoss, jeder im Haus läuft hier vorbei, ein schreiendes oder über längeren Zeitraum weinendes Kind würde sicher gehört werden. Der Papa wohnt ganz oben, da kommt nie jemand vorbei. Bei mir könnte die Kleine auch in den Garten gehen und rufen, beim Papa öffnet sie im 4. Stock besser kein Fenster.
Es ist eine sehr persönliche Entscheidung. Mein Kind öffnet zum Beispiel nie alleine die Wohnungstür, es sei denn, wir gehen raus und ich bitte sie darum. Weit würde sie auch nicht kommen, die Tür zum Hof ist noch unüberwindlich. Ich kenne aber auch Kinder, die aus der Wohnung rausgelaufen sind, durch die Haustür ausgebüxt sind und von Passanten auf der Straße aufgehalten wurden. In so einem Fall geht die aktuelle Sicherheit des Kindes natürlich vor einem hypothetischen Unfall des Elternteils vor. Älteren Kindern kann man natürlich beibringen, eine abgeschlossene Tür zu öffnen. Die würden aber auch zuverlässig per Telefon Hilfe holen.
Dokumente auf Vordermann bringen
Hier geht es nicht um den akuten Notfall, sondern generell um einen eigenen Notfallplan, nicht für Kinder, sondern für den Erwachsenen. Es geht um das Sortieren aller Dokumente, Versicherungen, Konten und Bankzugänge. Und das eigene Testament. Das ist zwar seeeeehr nervig, fühlt sich aber toll an, wenn es gemacht ist. Viele scheuen sich davor, da es auch bedeutet, sich mit der eigenen finanziellen Situation auseinander zu setzen. Da ich mich mit sowas sehr intensiv auseinander setze, siehe meine finanzielle Vorbereitung auf das Kind, war das für mich eher Spaß als Arbeit.
Am besten einfach mit Hilfe anfangen. Ich liebe den Blog entspannteordnung.de von Nadine Hirthe. Das ist unbeauftragte Werbung. Von ihr habe ich viele Tipps, zum Beispiel ihre Notfallliste. Damit helft ihr nämlich euren Angehörigen, auch dem Kind. Ich muss ja nicht gleich tot sein, aber was, wenn ich im Krankenhaus bin? Dann müssen meine Eltern sich um alles kümmern. Daher sind meine Ordner so gestaltet, dass jeder sich damit zurecht finden kann. Alles, was im Notfall gebraucht wird, ist zu finden. Nicht nur Versicherungen, medizinische Daten, Telefonnummern, auch im schlimmsten Fall alle Zugänge zu allen Konten, Kreditkarten, Social Media Passwörter-alles.
Natürlich liegt das nicht schriftlich bei mir rum, es könnte ja mal jemand einbrechen. All das liegt elektronisch in einem Passwortmanager. Im Falle meines Todes können meine Angehörigen wirklich alles löschen oder stehen lassen, ganz wie ich das im Testament festgelegt habe.
Somit ist für die Sicherheit meiner Tochter auch nach meinem Ableben gesorgt. Natürlich hat sie auch ihren Vater, der würde natürlich die Sorge für das Kind übernehmen. Um meine finanziellen Angelegenheiten kümmert sich aber meine Familie.
Mentale Vorbereitung
Ich kenne das vom Fliegen, wir bereiten uns auf jeden Start und jede Landung so vor. Man geht die einzelnen Reaktionen auf eine Situation in der Ich-Perspektive durch, ich zeige dir das hier am Beispiel meiner Feuerroutine, lässt sich aber auf alles ummünzen (Unfall Kind, Autounfall neben dir, Wiederbelebung des eigenen Vaters):
Ich wache auf, weil der Rauchmelder piepst – was tue ich? Erstmal Situation abschätzen: sehe ich Feuer, ist im Zimmer Rauch? Wenn ja, Kind und Handy schnappen und aus dem Fenster springen, Feuerwehr rufen. Bei Kälte Mantel mitnehmen, der Schrank ist neben dem Fenster. Wenn kein Rauch zu sehen ist, nehme ich den Feuerlöscher (unter mir unterm Bett), taste ich die Schlafzimmertür mit dem Handrücken ab, ist sie warm? Wenn ja, Kind und Handy schnappen, raus und Feuerwehr rufen. Ist die Tür ok, öffne ich sie langsam, ist Rauch im Wohnzimmer? Wenn es brennen sollte, wird da welcher sein, denn alle anderen Türen sind immer offen. Sehr viel Rauch – Kind schnappen und so weiter. Bei wenig oder keinem Rauch Feuer suchen. Feuer gefunden? Ein Löschversuch, wenn der nicht erfolgreich ist, Dokumentenordner, Kind und Handy schnappen und raus – Feuerwehr rufen. Ist kein Feuer zu finden, 3 Stunden tierisch aufregen, dass der scheiss Rauchmelder SCHON WIEDER einfach so losgegangen ist – von der Decke schlagen, drauf rumtrampeln, bis Ruhe ist, wieder schlafen gehen.
Bei mir ist relativ einfach, da ich aus jedem Fester springen kann. Sollte man durch die ganze Wohnung müssen, einen ausführlichen Plan im Kopf machen. Wenn du Partner und zwei Kinder einsammeln musst und eventuell auf allen vieren durch eine verrauchte Wohnung kriechen musst, dann lohnt es sich, das im Kopf zu üben.
Ein Notfallplan für Kinder gibt Eltern Sicherheit
Wer sich mental auf verschiedene Situationen vorbereitet, der kann im Ernstfall schneller und geordneter reagieren. Panik bleibt meistens aus. So können Eltern sich auf alles Mögliche vorbereiten, Kind verletzt und vieles mehr. Es hilft wirklich.
Durch Übungen wie das selbstständige Anrufen gewinnen auch Kinder ein Gefühl der Sicherheit. Besonders, wenn ein Elternteil mit dem Kind alleine ist, kann das für beide Seiten beruhigend sein. Aber auch bei Paaren sind die Kinder ja oft nur mit einem Elternteil zu Hause. Wenn der stürzt, ist es auch hier gut, wenn die Kinder wissen, wie sie Hilfe holen können.
Corona Spezial
Zur Zeit habe ich noch eine Telefonliste innen an der Wohnungstür hängen mit den Namen von Papa, Oma, Freunden und der ungefähren Zeit, die sie hierher brauchen. Falls es mir plötzlich so schlecht gehen sollte, dass ich mit dem Krankenwagen abgeholt werden muss. Das ist extrem unwahrscheinlich, aber sicher ist sicher.
Denn was machen die Sanitäter denn mit einer Dreijährigen? Sicher nicht zurücklassen, aber im Krankenhaus mag ich sie in dem Moment auch nicht haben. Nicht einfach. Wenn ich ok bin, würde ich Papa zeitgleich mit dem Rettungswagen anrufen, damit der gleich losrennen kann. Wir treffen uns dann im Krankenhaus. Meine Eltern sind in der Risikogruppe, die fallen komplett aus. Eine Freundin mit Kindern ist bei einer Corona-Infektion natürlich ungünstig, sie müsste ja in Quarantäne gehen mit meinem ansteckenden Kind. Da unser Papa jetzt erstmal Urlaub hat, muss ich mir darüber aktuell keine Gedanken machen.
