Ende der Elternzeit, Beginn der Vereinbarkeit
Und jetzt ist sie da, die Zeit, vor der ich mich am Anfang sehr gefürchtet habe, mit der ich mich arrangiert habe und die ich jetzt kurz vorher doch ein bisschen herbeigesehnt habe: ich arbeite wieder. Also fast. Erstmal Seminare, Trainings, Schulung, aber Ende Juni kommen die Flüge. Aktuell bin ich erstmal für 3 Tage in Frankfurt gewesen, Baby’s zweite Nacht am Stück bei Papa, zum ersten Mal. Wie sie sich wohl fühlte? Wir FaceTimen vor dem Einschlafen immer, am zweiten Tag war sie fröhlich, davor etwas weniger und mich tröstete nur ein Glas Wein über die Sehnsucht hinweg. Jetzt wird sich auch eigen, wie gut Co-Elternschaft in Sachen Vereinbarkeit ist.
Die ist ja ein ewig präsentes Thema, zu Recht, denn schwierig ist es immer, besonders aber für Frauen, an denen doch meisten der Großteil des Mental Loads hängenbleibt. Bei uns ist es einfacher, jeder hat seinen Haushalt und versorgt das Kind, wenn es da ist. Außerdem arbeiten wir beide Teilzeit, ich 50%, Papa 75%. Als Flugbegleiter ist es sowieso alles nochmal anders, ich bin auch mal 5 Tage nicht da, in der Zeit hat Papa 100% aller Aufgaben zu erfüllen.
Mama sein verändert alles
Aufgebrochen bin ich morgens voller Vorfreude auf normale Welt, erwachsene Menschen und Konversationen, habe mich sehr auf meine beste Freundin gefreut und den Vinho Verde, der schon kaltstand. Ich pumpe 3 Tage in den Ausguss, da kann das Zeug ruhig giftig sein. Jaja. Nach 2 Jahren verständlich, oder? Wir hatten einen tollen Abend und ich am Morgen ziemlich Kopfschmerzen.
Überwiegt werden diese Widrigkeiten aber von der ziemlich schönen Erkenntnis, dass und wie sehr mich das Kind und meine neue Lebenssituation verändert hat, zum positiven, wie ich finde. Ich bewege mich nun wieder in meinem eigentlichen Leben oder besser im alten Leben? Wenn die äußeren Umstände wieder gleich sind, dann merkt man die inneren Veränderungen umso besser unnd ich bin wirklich nochmal extra überrascht, wieviel angekommener ich mich fühle, wie anders die beiden Beine sind, mit denen ich im Leben stehe, wie fest mein Fels in der Brandung steht.
Mutter sein verändert einen so sehr, egal, ob man das wollte oder sich so vorgestellt hat oder immer dachte, was ist nur mit diesen Müttern los? Mir selbst hat es ganz viel Gelassenheit gegeben und ich merke immer mehr, dass sich mein Grundton geändert hat, eine Wut und Verzweiflung hat mich verlassen, die man mir in den letzten Jahren immer mehr angemerkt hat, die mich zickig und motzig und unsympathisch gemacht hat. So viel unreflektierte negative Energie hatte sich in mir angestaut, bemerkt und unbemerkt zugleich. Eingestehen wollte ich mir das lieber nicht, nicht merken, was da so falsch läuft und irgendwie doch, sonst hätte ich den Sprung nicht geschafft. Und jetzt, zurück im gewohnten Umfeld, da merke ich plötzlich nochmal mehr, wie anders ich geworden bin und wieviel lieber ich mich mag. Ein sehr schönes Gefühl.
Erkenntnis des Tages
Von einer tollen Frau habe ich die Metapher des Meeres gehört, in der Tiefe des Menschen (Geistes, Bewusstseins, Unterbewusstseins) liegen die Bedürfnisse, die Werte, der Schatz der inneren Diamanten, unberührt von allem, in Stille. Je näher man der Oberfläche kommt, desto aufgeregter wird das Wasser, umso beeinflusster von Einflüssen, Strömungen, Wind, Wellen, Menschen und man selber sitzt in einem kleinen Boot und wird vom Alltag mitgerissen, herumgewirbelt. Wird der zuviel, so sollte man abtauchen, sich rausnehmen und Ruhe in sich selbst suchen. Sich auf die Bedürfnisse besinnen, nicht die Strategien zur Erfüllung dieser.
Um in der Meeresmetapher zu bleiben, so war meines zwar klar und schön, aber der Grund war einsam und ziemlich unbewohnt. Ein Rückzug in mich selbst war für mich eher unangenehm, die Stille zu still, das Meer irgendwie leer, vielleicht ein brodelnder Vulkan am Grund. Alles in allem kein schöner Ort, den ich eher mied als dort Ruhe und mich selbst zu suchen. Tauche ich jetzt ein in meinen Ozean, so ist die Tiefe bunt, lebendig wie ein Riff, voll von Erinnerungen an mein Kind, Momenten der Liebe. Und auch voll von gezähmten, daher faulen Dämonen, die unbedeutend in der Ecke sitzen. Und natürlich liegt überall Spielzeug herum 😉
Angekommen im neuen Leben
Angekommen sein ist gerade mein Grundgefühl, ein neues Standing, eine neue und eine alte Rolle und so viel Freude an beiden. Inneren Frieden nennt man sowas wohl. Gefällt mir, gerne mehr davon. Und die Freude auf dem Gesicht meiner Tochter, als ich nach einer Odyssee wieder in Berlin war und zu ihr ins Bett krabbeln durfte, die war einfach unbezahlbar. Sie hat die neue Situation super gemeistert, hat das alles entspannt hingenommen und war mir nicht böse. Meine kurze Idee, dass sie sich nach 3 Tage vielleicht abgestillt hat, hat sie mir mit 12 Stunden Dauerstillen gleich wieder ausgetrieben. Aber es hat gut geklappt, zumindest mein Baby scheint Vereinbarkeit zu praktizieren.

Das hört sich echt toll an. Angekommen ist ein schönes Gefühl (das war sogar mein Wort des Jahres, welches mich durch 2018 begleiten sollte…du bist mir da aber scheinbar einen Schritt vorraus).
Ich freue mich sehr für dich!