Einmal im Jahr machen wir Familienurlaub. Co-Familienurlaub bzw. dieses Jahr sogar Patchwork Urlaub. Für die Kleine ist das immer eine Ausnahmesituation, da sie Mama und Papa normalerweise getrennt erlebt, maximal einen Nachmittag verbringen wir mal zusammen, aber nicht mehrere Tage. Dieses Mal war es besonders spannend, denn mein neuer Partner hat uns auch noch besucht.
Ostsee statt Mallorca
Letztes Jahr waren wir auf Mallorca. Auch Anfang Mai, bei regnerischen 18 Grad, während daheim bei 26 Grad alle schwitzten. Dieses Jahr wollten wir nicht so weit weg, auch weil das Kind so flexibel wie Stahl ist, wenn es um Gewohnheiten geht. Außerdem fährt sie mittlerweile ok Auto, da wollten wir uns den Flug sparen. Gelohnt hat sich das nicht. Die meisten von euch werden sich auch gerade durch den Mai bibbern, an der Ostsee kommt noch ein Wind aus der (Eis)hölle dazu und das sage ich als Berlinerin, die die sibirische Kältepeitsche gewohnt ist. Unser Papa liebt dieses Wetter, ich hätte es für mein Kind am Strand ertragen, das Kind nicht. Ich glaube, wir waren längstens 13 Minuten am Strand. Mehr ging nicht.
Mama macht’s
Hinzu kommt noch, dass die Kleine liebend gerne beim Papa ist, sobald ich aber irgendwie greifbar bin, ist er abgemeldet. Und ich genervt, wenn wirklich genau alles an mir hängenbleibt, obwohl weiteres Servicepersonal zur Verfügung steht. Das ist wahrscheinlich bei sehr vielen Familien so, mich strengt es trotzdem an, weil die Freizeit so nah und doch so fern ist. Aber genug gemeckert, denn ansonsten war es wirklich lustig.
Zum ersten Mal Patchwork Urlaub
Mein Partner kam für ein paar Tage dazu und das lief ziemlich gut. Abgesehen davon, dass die Kleine nur bei mir im Bett schlafen wollte. Zu dritt in einem Bett schlafen wir noch nicht, auch zu Hause nicht, da lassen wir uns noch Zeit. Die beiden mögen sich zwar sehr gerne, aber natürlich duldet meine Tochter keine Götter neben sich. Wir haben sie also heimlich schlafend zu Papa umgeräumt, in der Hoffnung, dass sie durchschläft. Jaja. Sobald sie wach wurde und bemerkte, dass sie bei Papa gelandet ist, war die Empörung groß und Nachtschicht für mich angesagt. Die Wohnung hatte zum Glück ein gemütliches Sofa.
Es gibt keine alten Emotionen
Das ist sicher der Grund, warum es in unserer Konstellation nicht einmal irgendwelche komischen Momente gab. Papa und ich waren nie ein Paar, nie emotional verbunden, keine Altlasten, kein Sex. Das Kind wurde mit der Bechermethode zu Hause mittels Heiminsemination gezeugt, also auch da kein Grund zur Eifersucht. Worüber sollte der Partner sich aufregen? Eben. Worüber sollte der Papa sich aufregen? Auch nichts. Er wollte nie mit mir zusammensein, darum stört es ihn kein bisschen, dass ich mit jemand anders glücklich bin, im Gegenteil. Ich wollte nie mit Papa zusammensein, also auch da kein Grund für irgendwelche Animositäten. Ob das bei Expaaren auch so entspannt laufen kann, weiß ich nicht. Wir haben drüber gesprochen, wie es wäre, wenn da irgendwo Gefühle gewesen wären. Ist aber schwer zu abstrahieren.
Frau mit Kind und zwei Männer
So richtig lustig wurde es, wenn wir draußen unterwegs waren. Zwei Männer im gleichen Alter, einer an der Hand der Frau, den anderen nennt das Kind Papa. Da haben die Spießbürger aber gestaunt. Das Kaff, in dem wir waren, ist sicher nicht für seine Internationalität und Offenheit bekannt, daher waren wir dort ziemlich exotisch. Natürlich hatten wir auch Spaß daran, solche Situationen zu forcieren. Die Blicke waren einfach göttlich. Gegrüßt haben die Nachbarn dann irgendwann auch nicht mehr. Da bekommt man schon mal eine Idee, wie offen Berlin ist und wie schwierig man es als Co-Familie auf dem Land haben kann. Oder als Alleinerziehende. Oder irgendwie anders als Vater-Mutter-Kind. Gott bewahre, vielleicht sogar eine Regenbogenfamilie. Wie wunderbar die sein kann, lest ihr bei papapi.de.
Patchwork ist hier einfach kein Thema, Patchwork Urlaub schonmal gar nicht.
‘Sodom und Gomorra’ sagt der Blick der Nachbarin, die hysterisch damit beschäftigt ist, nachzumessen, ob unsere Vermieter 3cm von ihrem Grundstück gestohlen haben. So hat jeder seine Probleme. Wahrscheinlich wirken wir einfach komisch, weil die Männer sich so gut verstehen. Partner und Papa sind sich sogar ziemlich ähnlich, gleich alt und mittlerweile gut befreundet. Die Kleine geht mit beiden ganz natürlich um. Und war genauso entsetzt wie ich, als die beiden auf der Rückbank des Autos gemeinsam alte Kinderlieder gesungen haben. Man merkt als Außenstehender, dass sich in dieser Konstellation alle zugetan sind. Sowas kennt man hier natürlich nicht.
Familie ist bunt
Eine Patchwork Familie ist sicher noch das normalste Konzept, Patchwork Urlaub akzeptieren die meisten noch irgendwie. Es könnte ja aber auch die Konstellation schwules Paar mit Co-Mutter gewesen sein. Oder ich die Tante des adoptierten Kindes. Oder ich liiert mit beiden Männern. Wenn interessiert das schon? Den Blicken nach zu urteilen anscheinend doch so einige, zum Glück weder uns Erwachsene, noch das Kind. Hoffentlich bleibt das so. Hoffentlich schaffen wir es, dass sie ihre Familie als genauso normal, geborgen, heimelig und schön empfindet wie andere eine Vater-Mutter-Kind Familie.
