Die oft gestellte Frage zur Wohnsituation von Co-Eltern ist gar nicht so einfach zu beantworten, zumindest nicht pauschal. Ein Ideal gibt es nicht, denn das Spektrum der Co-Elternschaft ist groß, fast jede Konstellation ist möglich. Wenn du dazu mehr wissen möchtest, lies in meinem Artikel ➡ Der Unterschied zwischen Co-Mama und Solomama nach. Die Distanz zwischen euren Wohnorten is ebenso wichtig wie die ➡ Dauer des Kennenlernens.
Wer Co-Elternschaft hört, denkt oft an die Imitation einer klassischen Familie, also Mutter+Vater+Kind, in einer WG oder im gleichen Haus, angelehnt an die heteronormative Kleinfamilie. Das ist anscheinend auch in vielen Co-Elternschaften der Fall. Aus meinen Gruppen entnehme ich, dass ungefähr die Hälfte 50/50 betreut oder plant zu betreuen, die anderen haben eher eine Onkelfunktion, also eine Vaterschaft light. Wenn du andere Erfahrungen hast, schreib sie mir gerne in die Kommentare, ich freue mich über jede Beschreibung einer echten Co-Elternschaft. Oder schick mir eine Email
Umfrage in meinen Gruppen
In einer nicht repräsentativen Umfrage in meiner Frauengruppe habe ich mal nachgefragt, wie denn die Aufteilung aktuell oder geplant ist. Das Ergebnis sieht so aus:
- 40% teilen die Betreuung 50/50 auf
- 28% haben einen Co-Vater, der in Onkelfunktion am Alltag des Kindes eher wenig bis gar nicht teilnimmt.
- 24% betreuen in einem 70/30 Modell, bei dem die Mutter den Hauptteil der Care-Arbeit übernimmt.
- 8% haben eine andere Aufteilung
Das zeigt ja sehr deutlich, dass die meisten Co-Familien eine ziemlich gerechte Aufteilung haben. Das hat allerdings den Nachteil, dass für diese Frauen der Suchradius deutlich kleiner sein muss. Ein Co-Vater mit Onkelfunktion, der vielleicht einmal im Monat zu Besuch ist, der darf auch etwas weiter weg wohnen, da weder gemeinsamer Alltag organisiert werden muss, noch das Kind über lange Distanzen reisen muss. Eine geteilte Betreuung erfordert aber eine Wohnsituation, die das auch darstellt.
Spektrum der Co-Elternschaft
Ich habe dir mal das Spektrum aufgemalt, in dem sich eine Co-Elternschaft räumlich bewegen kann, mit dem dazu passenden Betreuungsmodell. Natürlich sind das nur Vorschläge. Ich habe mich immer daran orientiert, was realistisch erscheint und dem Kind zumutbar. Es gibt ja auch getrennte Eltern, die hunderte von Kilometern auseinander wohnen. Bei denen war das aber nicht von vornherein der Plan. Natürlich geht auch das für Kinder, aber ob es wirklich sein muss, wenn die Eltern das schon vor der Geburt des Kindes beschließen, da bin ich mir unsicher, ob das Kind das im Nachhinein so toll finden wird.

Die Wohnsituation der Co-Eltern bedingt die Intensität des Kontaktes
Was viele bei der ➡ Suche nach einem anderen Co-Elternteil unterschätzen, ist die Wichtigkeit der räumlichen Nähe. Hier sollten sich beide unbedingt realistische Vorstellungen machen, was möglich ist. Daher sollte als erstes über die Vorstellung der Betreuung gesprochen werden. Ihr wollt ein 50/50 Modell, bei dem beide gleichviel betreuen? Dann ist es unabdingbar, dass ihr in der gleichen Stadt wohnt. Denn ja, wenn alles passt, ihr euch sympathisch seid und gleiche Vorstellungen habt, dann is die Euphorie oft groß und die Distanz zwischen euren Wohnorten erscheint euch gar nicht so groß. Aber wie sieht es im Alltag aus?
250km zwischen Mama und Papa
Nehmen wir mal als Beispiel an, ein Co-Eltern Paar wohnt 250km auseinander, je nach Verkehr sind das ungefähr 3 Stunden Fahrt. Ja, das klingt erstmal ok, besonders, wenn einer wenig betreuen soll. Diese beiden möchten aber gerne eine 60/40 Verteilung. Im ersten Jahr soll der Papa zu Mama und Kind zu Besuch kommen und das Kind so regelmäßig sehen können. So weit, so gut.
Aber was ist, wenn das Kind älter wird? Kita ist noch einfach zu regeln, hier haben die beiden beschlossen, dass das Kind jedes zweite Wochenende am Donnerstag von Papa abgeholt wird und bis Montag Nachmittag bleibt. Die Arbeitszeiten von Papa sind flexibel, er kann das also einrichten. Klappt auch noch.
Jetzt kommt das Kind in die Schule. Und was jetzt? Jedes Wochenende zum Papa? Das geht zwar, aber ist das wirklich realistisch? Oder gerecht? Denn das bedeutet ja für die Mutter, dass sie die anstrengende Schulwoche zu meistern hat, aber keine wertvolle Freizeit mit ihrem Kind hat. Das wäre für mich zum Beispiel nicht ok. Und mal abgesehen davon, ist bei solchen Plänen die dritte Person, nämlich das Kind überhaupt nicht mitgedacht. Denn das hat ja auch irgendwann eine Meinung, die auch gehört werde sollte.
Die Meinung des Kindes
Die Wohnsituation der Co-Eltern bedeutet nämlich in diesem Beispiel für das Kind auch Einschnitte: „Jedes Wochenende bei Papa, aber ich wollte doch auf den Geburtstag von XY. Auch mal mit Mama ins Schwimmbad. Papa kann mir bei Mathe viel besser helfen, warum macht der das nicht unter der Woche? Und nächstes Wochenende geht meine Klasse sonstwohin. Außerdem wird mir im Auto jedes Mal übel. Jetzt bin ich 14, ich will meine Freizeit mit meinen Freundinnen verbringen und nicht bei Papa. Ich will das so nicht!“
Sicher, Kinder können und müssen manchmal auch Kompromisse machen, aber von Anfang an so viele? Und was ist, wenn dein Kind zum Beispiel kein Auto fahren kann? Meins fuhr bis zum zweiten Lebensjahr nur halbwegs erträglich im Auto, wenn ich sie dabei gestillt habe. Selber fahren und das Baby schläft dabei? Unmöglich. Bis heute hat sie nur ein paar Mal im Auto geschlafen, sie hasst Autofahrten. Und sie übergibt sich fast jedes Mal. Niemals hätte ich sie regelmäßig im Auto fahren lassen können, das wäre einfach nicht gegangen. Und was dann?
Wohnsituation und Betreuungsmodell müssen zueinander passen
Betreuung, Enge der Beziehung zum Kind und Distanz müssen einfach zusammenpassen. Gerade wenn das Kind ab 6 an die Schule gebunden ist. Bei uns zum Beispiel wird es wohl so sein, dass Papa und Tochter bei mir in der Wohnung sein werden, wenn ich unter der Woche fliege, einfach, weil sie um 07:45 in der Schule sein muss und eine Stunde Fahrt morgens für alle einfach keine Option ist. Das ist natürlich von Person zu Person verschieden. Ich kann entspannt um 06:00 aufstehen, unser Papa nicht. Also muss eine andere Lösung her. Der Faktor Mensch spielt also auch eine Rolle.
Die eine Stunde ist auch ganz schön lang, wenn du nur als Beispiel mit Norovirus über dem Klo hängst und darauf wartest, dass Papa kommt und dir dieses Kind abnimmt, damit du in Ruhe sterben kannst. Frei erfunden natürlich, das Beispiel, hust hust. Und eine Sache noch, die uns zum Glück auch noch nicht passiert ist: stell dir mal vor, das Kind ist beim anderen Elternteil. Jetzt kommt der Anruf: „Das Kind hat das und das, der Krankenwagen kommt gleich, keine Ahnung, was passieren wird, du musst sofort kommen!“ Wenn du jetzt 250km weit fahren musst, sind das sicher die schlimmsten 3 Stunden deines Lebens.
Klar, das kann auch passieren, wenn das Kind mit Papa im Urlaub ist, aber wenn wir bei dem 60/40 Beispiel von oben bleiben, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sowas doch mal beim anderen Elternteil passiert, viel höher, weil das eben 40% des Monats dort ist.
Absprache und ehrliche Vorstellungen sind das wichtigste
Es ist also gut, wenn ihr euch vorher genaue Gedanken macht, wie es denn laufen soll. Und ob eure Vorstellungen realistisch sind. Befragt dazu einfach auch mal getrennte Paare mit Kindern oder andere Co-Mamas (zum Beispiel in meiner ➡ Vernetzungsgruppe für Co-Mamas), wie sie den Alltag so handhaben. Je mehr Gedanken ihr euch vorher schon macht, desto eher wird ein guter Plan entstehen, der auch dem Kind später gerecht wird.
Wie ist eure Wohnsituation als Co-Eltern? Oder wie würdest du gerne wohnen in einer Co-Elternschaft? WG oder getrennte Wohnungen, nah beieinander oder eine gewisse Distanz ist auch ok? Schreib mir deine Ideen in die Kommentare und lass uns drüber sprechen.
