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Leben mit Baby

Leben mit Baby

Gefangen

So glamourös ist es, das Leben mit Baby:

Ich habe furchtbaren Durst. Mein Hals ist schon ganz trocken und kratzt. Bloß nicht räuspern, das könnte sie aufwecken. An die Wasserflasche komme ich zwar grade so ran, aber sie ist leer. Na toll. Als alleinlebende Mama bringt dir eben keiner mal eben Wasser. Einer der wenigen Nachteile. Außerdem muss ich wirklich wirklich sehr sehr doll aufs Klo. Und Hunger plagt mich. Allerdings bin ich gefangen. Gefangen unter einem Baby, das seinen Mittagsschlaf ausgelassen hat bzw um 17:08 begonnen hat. Sehr schlecht. Also das und die Gesamtsituation. Die ist besonders schlecht, weil mein Kind nicht ohne mich schläft im Moment, meist klammert sie sich noch im Schlaf an mich.

Die Pflicht

Gut ist allerdings, dass sie schon von der Brust abgefallen ist und neben mir liegt. Allerdings liegt ihre Hand auf meiner Taille. Nun ist sorgfältige Planung angesagt. Mein Rat: vorher einen Plan machen, sonst rennt man kopflos durch die Wohnung. Also erstmal die Grundbedürfnisse in eine Reihenfolge bringen. Im Zweifel habe ich nur Sekunden bis sie aufwacht, man weiß nie, wie fest sie schon schlafen. Vorher noch kurzes Memo an mich: der Weg ist ein Mienenfeld aus klingelnden, sehr schmerzhaften Spielzeugen, also Obacht beim rausrennen. Gaaaanz langsam unter dem Kind rauskrabbeln und ich hetze los. Leben mit Baby bedeutet, Leben am Limit:

  1. Klo!!! Bei einsetzendem Babygeschrei dort schnell aus dem Hahn trinken. Zahnpasta als Essensersatz mitnehmen (absolute Notlösung, aber ein frischer Geschmack hilft gegen Hunger) – aber: Baby schläft.
  2. Küche, Essen aus dem Kühlschrank (danke, danke, danke an mich, dass ich nicht alles Ofengemüse aufgefressen habe heute Mittag, danke an den Supermarkt, dass ich da gleich eine Burrata draufschmeiße), auf den Herd zum aufwärmen, Teller bereitstellen, eventuell aufwärmen abbrechen und mit kaltem Essen zum Baby sprinten – aber: Baby schläft.
  3. Wasser trinken (Wein wäre mir jetzt lieber), neue Flasche fürs Schlafzimmer füllen und zusammen mit einer Banane und Knäckebrot als Plan B (man lernt sehr eindrücklich, wenn man hungernd im Bett unter einem Baby sitzt, dass man immer Snacks am Bett haben sollte) zurück ins Schlafzimmer schleichen (Achtung, die knarrende Diele) – aber: Baby schläft.
  4. Falls sie jetzt noch schläft: in Ruhe Essen! Haha, es wird eher ein hungriges Herunterschlingen mit einem Ohr am Babyphone, aber egal. Satt macht es auch, besonders, wenn man noch 2 Stücke Schokolade als Nachtisch isst. Lecker! Schokoladenpackung nachher einpacken und ins Schlafzimmer mitnehmen. Jaja.

Die Kür

Geschafft. Die Punkte 1-4 habe ich in 8,95 Minuten abgearbeitet, Baby schläft noch. Also die nächste Liste:

  1. Abschminken, Zähneputzen, Bettfertig machen. Dafür stehe ich in 2 Stunden nicht nochmal auf, fühle mich aber besser, wenn es gemacht ist.
  2. Verrotet irgendwo irgend etwas? Im Kinderwagen vielleicht? Da das Baby supermotzig war nach der letzten Fütterung, habe ich es nicht geschafft, die Küche zu renovieren. Da meine Fruchtfliegenzucht aufgrund dieser wiederkehrenden Tatsache ungeahnte Ausmaße angenommen hat, muss das zuerst gemacht werden. Mülleimer müsste auch raus, aber mein Gefühl sagt mir, das schaffe ich nicht mehr. Man entwickelt da irgendwie einen sechsten Sinn, eine leise Stimme zählt im Kopf die Sekunden bis zum schrillen Schrei runter. Tick tack, tick tack, tick tack…
  3. Besteck ist alle, also Spülmaschine an, die braucht mich nicht. Waschmaschine geht aus diesem Grund nicht, denn mein Zeitfenster wird jede Sekunde kleiner. Wohnung also nach Geschirr und Essensresten absuchen, dabei wahllos Gegenstände vom Boden aufklauben, auf einen Haufen werfen, damit nachts der Weg zum Klo frei ist. Sortieren kann man das auch später noch. Oder morgen.
  4. Mist, wir hatten ja gebadet. Also Badewanne leeren, 250 Spielsachen rausklauben, trocknen lassen, Handtücher in die Waschmaschine… ach nee, klappt ja heute nicht mehr, also auf den Wäscheständer. Der ist voll, die Wäsche aber noch nass. Müssen halt alle ein bisschen zusammenrücken.

Der Profibereich

Baby schläft noch. Ab jetzt befinden wir uns im Profibereich. Den hektisch zusammengeworfenen Haufen Sachen sortieren und Wohnung außerhalb des Schlafzimmers aufhübschen. Ist optional, aber ich persönlich habe morgens gleich schlechte Laune, wenn ich in eine dreckige Küche komme. Besonders um 6:00 Uhr. Alle paar Sekunden halte ich inne, um zu lauschen. Was eigentlich überflüssig ist, denn den entrüsteten Aufschrei meiner Tochter, wenn sie merkt, dass ich mich unerlaubt entfernt habe, den hört man bestimmt auch noch im 3. Stock. Außerdem habe ich das Babyphone um den Hals, aber so eine kleine Paranoia hat wahrscheinlich jede Mutter irgendwann. Leben mit Baby halt – aber: Baby schläft.

Jetzt kommt der krönende Abschluss -das Schlafzimmer aka die Höhle des Löwen aufräumen. Dort liegt sehr viel Spielzeug. Und es ist nur spärlich erleuchtet. Kurz checke ich den Rest der Wohnung, nein, hier gibt es nichts mehr zu tun. Also noch schnell aufs Klo und ich bin bereit, sofort ins Bett zu springen und es nicht mehr zu verlassen. Leise schleiche ich in das Zimmer (Achtung, die Diele) und fange an, die am Boden liegenden Sachen aufzusammeln. Kennt ihr dieses Spiel, bei dem man nicht zittern darf, während man einem Patienten Organe aus dem Bauch zieht. So ungefähr ist das. Oder das, bei dem man einem Krokodil Zähne zieht und nie weiß, wann es zuschnappt? So.

Geschafft!

Ich habe es tatsächlich geschafft, alles sauber und ordentlich und das um 18:54. Dann räume ich noch schnell die Schmutzwäsche in die Waschmaschine für morgen und dann kann ich mich ja vielleicht sogar mit einem Buch auf die Couch setz….. und da ist er, der zornige Aufschrei meines kleinen Lieblingsmenschen, der mich ‚Ich komme, Schatz‘ rufend lossprinten lässt. 45 min sind vergangen, seit ich mich rausgeschlichen habe und sie hat mich sehr vermisst und ist natürlich am verhungern. Nassgeschwitzt, aber glücklich, alles geschafft zu haben, lege ich mich neben sie. Gehe ich halt auch ins Bett. Es wartet ja niemand auf mich. Leben mit Baby, ein Abenteuer. Und ihr so?

3 Gedanken zu „Leben mit Baby“

  1. Klingt für Nicht-Eltern bestimmt wahnsinnig übertrieben, ist aber wahnsinnig wahr. Ich fühlte mich sehr in die erste Zeit mit unserer Tochter zurückversetzt.

  2. Super! ich habe sehr gelacht beim lesen, man fühlt sich total hineinversetzt und erkennt sovieles exakt wieder! hehe, selten soviel spaß beim lesen gehabt, super geschrieben.

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