aktualisiert am 13. November 2020
Was macht eine gute Mutter aus? Kann man das überhaupt so pauschal sagen? Welche Kriterien legt man da an? Eine Mutter ohne Partner, ist die automatisch schlechter? Warum eigentlich?
Diese Fragen gehen mir gerade mal wieder durch den Kopf. Ausgelöst worden sind sie von diesem Artikel auf Edition F. Ich gebe zu, ich mag den rotzigen Ton nicht und das Verurteilen von klassischen Familienmodellen klingt auch eher patzig als konstruktiv, aber im Kern gebe ich der Autorin recht. Denn was macht mich zu einer guten Mutter? Die Wahl des richtigen Partners?
Lieber ein Kompromiss-Mann als gar keiner?
Was ist denn der richtige Partner? Der, in den ich mich verliebe? Was, wenn ich mich aus irgendwelchen Gründen immer in die falschen Männer verliebe? Künstler, Freigeister, aber völlig realitätsfern? Oder wie bei mir, let’s face it, Männer, denen ich die Verantwortung des Vaterseins einfach nicht zugetraut habe. Und bin ich eine bessere Mutter, wenn ich bei der Wahl des Mannes einen Kompromiss eingehe, um möglichst gute wirtschaftliche Voraussetzungen für mein Kind zu haben?
Was, wenn ich einfach den Richtigen nicht rechtzeitig gefunden habe? Wenn die Uhr tickt, weil ich schon Mitte 30 bin, er aber einfach nicht auftaucht. Was mache ich denn dann? Irgendeinen nehmen? Einen guten Mann mit Vaterqualitäten nehmen, den ich zwar mag aber nicht liebe? Macht mir das dann noch Spaß?
Ich formuliere das bewusst überspitzt, denn ich finde die Vorstellung, die heute herrscht, dass nur das perfekte Paar ein Kind bekommen sollte, eigentlich eher albern. Ich war selber sehr lange in dieser Hollywoodvorstellung gefangen, es hat mich einige Mühe und Jahre gekostet, den Komplex abzulegen, dass ich keine gute Mutter ohne Partner sein kann. Tatsächlich bin ich eine großartige Mutter. So. Und mittlerweile gibt es dazu auch Studien. Und zum Glück mittlerweile tolle Vorbilder. Solomamas, die ihr Leben rocken und ganz wundervolle Mamas sind
Hollywood-Ideen machen keine gute Mutter aus
Diese Idee ist tatsächlich auch noch nicht besonders alt. Früher, und damit meine ich vielleicht meine Großeltern-Generation, ganz sicher aber meine Urgroßeltern und alles davor, war die Ehe eher ein wirtschaftlicher Zusammenschluss als eine Liebesgeschichte. Nicht immer natürlich, aber meistens. Das hat sich in den letzten 50 Jahren dramatisch geändert. Sicher, die rosarote Brille ist erstrebenswert und ich freue mich für jede, die das schafft, aber meine Qualitäten als gute Mutter werden doch eigentlich durch ganz andere Faktoren beeinflusst, oder? Charaktereigenschaften wie Gelassenheit und Ausdauer zum Beispiel. Nerven aus Stahl und das Bedürfnis, niemals mehr als 3 Stunden am Stück zu schlafen. Sowas.
Und überhaupt, keine weiß im Vorhinein, was für eine Mutter sie mal wird. Ich hätte immer gedacht, dass ich eine total panische Helikoptermutter werde, die alle inklusive Kind in den Wahnsinn treibt. Das Gegenteil ist der Fall und keiner ist überraschter darüber als ich. Man weiß es eben einfach erst, wenn der Zwerg im eigenen Arm liegt. Hätte ich mich früher als Mutter und Hausfrau zu Hause gesehen, 150%ige Mama, so bin ich heute mehr als froh, wenn ich das Kind zum Vater bringe und arbeiten gehen kann oder einfach mal zwei Tage Ruhe habe. Irgendwie aus Versehen bin ich in einer ziemlich gleichberechtigten Elternschaft gelandet und finde es großartig. Wir leben das Wechselmodell und profitieren alle drei davon.
Das Selbstbild ändert sich also, besonders, nachdem man das Kind hat. Eins war ich aber immer, nämlich vorbereitet. Ich habe Jahre gebraucht, mich dazu durchzuringen, es alleine zu machen. Es braucht jede Menge Mut, wirklich viel davon, es alleine anzugehen. Und eben nicht nur mentale Vorbereitung, sondern auch finanzielle, so profan es auch klingt.
Glaubenssätze ablegen, neue Ideen zulassen
Wie gesagt, mich mit dem Gedanken anzufreunden, eine Mutter ohne Partner zu werden, hat mich einiges gekostet. Glaubenssätze hauptsächlich.
- Nur eine funktionierende Partnerschaft ist das ideale Umfeld für ein Kind. Ja, eine gute Partnerschaft ist supermegatoll für ein Kind. Aber auch gar nicht mal so wirkliche Realität. In Berlin lebt jedes dritte Kind bei einer alleinerziehenden Mutter und die kommt dann meist aus einer ehemals funktionierenden Partnerschaft. Und war so gar nicht darauf vorbereitet, das alles alleine zu schaffen.
- Das Kind muss Liebe bei den Eltern sehen, um lieben zu lernen. Ziemlicher Quatsch, ein Kind muss geliebt werden, um Liebe zu lernen.
- Eine Person ist einem Kind nicht genug. Naja, wer von uns lebt denn im Wald und trifft niemals andere Leute? Kinder haben Großeltern, ErzieherInnen und Onkel/Tanten/Freunde der Mutter oder des Vaters. Auch eine Mutter ohne Partner kann einem Kind einen vielfältigen Einfluss von außen bieten.
- Zu viel Arbeit. Ja, ein Kind ist unendlich viel Arbeit, aber es ist auch dein Kind, mit nichts vergleichbar und da machst du einfach alles. Egal was. Und egal zu welcher Uhrzeit. Und mal ehrlich: wenn der Partner den ganzen Tag im Büro ist, macht die Mutter das ja auch alleine. Nachts dann natürlich auch, denn der Partner muss ja den ganzen Tag arbeiten… Die Falle kennt sicher so manche Mama auch.
- Nie wieder schlafen. Ja, ist so. Schläft man halt, wenn das Baby schläft. Hust, hust. Und Wäsche faltet man dann, wenn das Baby das auch tut. Jaja. Aber es geht, denn es ist das eigene Kind. Und die Nachtschichten sind auch viel angenehmer, wenn man alleine mit Baby durch die Wohnung turnt und niemanden stört, der am Tag arbeiten muss.
Diese Liste ist bestimmt noch ausbaufähig. Sicher, es ist toll, als Krönung der gemeinsamen Liebe ein Kind zu zeugen und das alles gemeinsam durchzustehen. Da bin ich die erste, die das neidlos zugibt, so wollte ich es auch immer haben. Aber es ist eben nicht der EINZIGE Weg. Es gibt so viele Grauzonen zwischen schwarz und weiß und am schönsten wäre es ja, wenn einfach jeder machen könnte, was er wollte.
Eine gute Mutter braucht keinen Partner, sondern einen Plan
Denn einfach so, unüberlegt ins Blaue hinein, so geht es dann doch nicht. Man braucht einen Plan, am besten einen 5-10 Jahresplan. Vorbereitet sein ist alles, gerne auch finanziell. Was ein Kind so kostet, weiß ungefähr jeder-viel. Was ein Kind an eigener Rente kostet, macht sich kaum einer bewusst. Ich sage mal so, wenn ich weiß, mein Vertrag endet in 3 Monaten und ich habe noch nichts neues, dann ist der Zeitpunkt zum schwanger werden eher ungünstig. Dann wird es irgendwann doch egoistisch und das will sich ja keine vorwerfen lassen (werdet ihr trotzdem hören, Ladies). Ich habe Kontakt zu ziemlich vielen Frauen, die einen ähnlichen Weg gehen möchten wie ich und die sind alle gut vorbereitet. Finanziell und mental. Und haben meist Jahre des Überlegenes hinter sich.
Vorbereitung ist hier tatsächlich die halbe Miete. Ich habe das Kind ja schlussendlich nicht alleine bekommen, sondern mit Co-Vater, aber alleine mit Kind war ich zumindest in den ersten 1,5 Jahren ziemlich häufig. Gestört oder überfordert hat mich das aber nicht. Warum? Gut, mein Kind kam mir entspannt vor (anderen nicht). Hauptsächlich wahrscheinlich, weil ich darauf vorbereitet war. Weil klar war, wie das sein wird. Wird man in der Schwangerschaft verlassen oder kurz danach, dann bricht meistens eine Welt in sich zusammen und zur ganzen Arbeit mit dem Zwerg kommt noch die Trauer, das schlaucht dann über die Gebühr. Ist man darauf eingestellt, es alleine zu machen, hat es sogar so manchen Vorteil, alleine mit Baby zu sein.
Auch mit Partner Mutter ohne Partner
Obwohl es heutzutage zum Glück immer mehr Väter gibt, die sich aktiv einbringen, mehr als zwei Monate Elternzeit nehmen und Spaß an ihren Kindern haben, so sind diese Goldstücke doch immer noch schwer zu finden. Ich hoffe, die nächsten Jahre entwickeln sich so, dass eine gleichberechtigte Elternschaft irgendwann selbstverständlich wird. Leider landen so viele Paare immer noch irgendwie in der klassischen 50er Jahre Rollenverteilung. Passiert einfach irgendwie. Und dann stehst du als Frau zumindest inoffiziell auch alleine da. Oder besser alleingelassen.
Denn wenn der Mann bis 18:00 arbeitet, dir dann eine Stunde grummelnd das Baby abnimmt, damit du für ihn kochen kannst und irgendwie das Chaos des Tages beseitigst, danach das Kind ins Bett bringst und dann gleich mit ihm einschläfst, weil dir wieder eine Nachtschicht bevorsteht, bei der dir der Mann mit seinen nutzlosen Nippeln auch nicht helfen kann und die du aus Rücksicht auf seinen Schlaf dann auch noch auf dem Sofa verbringst- dann bist du auch ganz schön alleine.
Was ich damit sagen will, all die Probleme, die man sich als Frau alleine mit Kind vorstellt, die können dir auch mit Mann passieren. Dann nerven sie sogar noch mehr.

Ich bin überzeugt davon, dass man auch ohne Partner dem Kind eine wundervolle Kindheit bieten kann. Allerdings zeigen Untersuchungen auch, dass die “gesündeste” Erziehung sowohl vater als auch Mutter beinhaltet. Schwieriges Thema. Aber super, dass du einen Weg gefunden hast 🙂
Wie sollen denn solche Untersuchungen praktisch aussehen? Kann man die Faktoren ausklammern, dass ein großer Teil der alleinerziehenden Mütter und Väter verlassen wurden, dass Alleinerziehende gesellschaftlich, steuerlich und beruflich enorm benachteiligt werden? Ich bin in einer nach außer perfekten Familie aufgewachsen. Ich habe mir meine Kindheit über immer gewünscht, dass meine Eltern sich scheiden lassen. Meine Situation ist sicher kein Einzelfall. Wenn du mir solche “Untersuchungen” zeigen kannst – gerne. Wenn nicht, dann lass bitte deine subjektive Meinung nicht als objektive “Untersuchung” erscheinen.
Ob ein Kind “gesund” aufwächst, ist im Wesentlichen davon abhängig, die die Bezugspersonen auf das Kind reagieren. Und da kann der Onkel/Großvater einen deutlich besseren Einfluss ausüben als der Vater.
Ich finde es toll, wie Jennifer hier ihren Weg gefunden habe und glaube, dass die kleine Mathilda einfach wunderbar aufwächst.
Hallo Sabrina,
Danke für deinen Kommentar. Ich persönlich glaube nicht, dass ein Kind unbedingt Vater und Mutter braucht, solange ökonomische Probleme nicht die Lebensqualität entscheidend verschlechtern. Aber ja, zwei Elternteile zu haben, ist natürlich toll, daher hat meine Tochter ja einen sehr engagierten Vater, mit dem sie ca 40% ihrer Zeit komplett verbringt. Viele denken immer, weil wir nicht zusammen wohnen, hat sie nicht so viel von ihrem Papa, tatsächlich sieht sie ihn deutlich mehr als der klassisch bis 18:00 arbeitende Vater seine Kinder.
Sehr interessante Geschichte!
Hätte jetzt gerne weiter gelesen…. deine Art zu schreiben macht Lust auf mehr!
Deine Einstellung finde ich super…
Erinnert mich an meine Freundin… frisch verheiratet, gerade in das neue große Haus gezogen mit 2 kleinen Kindern…. sie ist immer gestresst weil der Mann von morgens bis spät abends in der Arbeit ist! Am Wochenende ist er auch sehr oft nicht da ( beruflich sowie privat)… ich beneide sie nicht!
Klasse wie du das alles vorher und nachher geregelt hast…. ganz liebe Grüße aus Bayern von Moni
Hallo Jennifer, ich habe gerade im Radio ein Interview mit Dir gehört und habe spontan Deinen Blog gesucht. Ich wollte Dir nämlich kurz schreiben, dass ich Deine Geschichte ganz großartig finde!! Es gefällt mir sehr, wie Du Dein Leben in die Hand genommen hast und sich dann alles so wunderbar fügte. Wie mutig und stark!
Ich wünsche Dir und Deiner Tochter und auch dem ebenso mutigen Papa weiterhin alles gute!!
Liebe Grüße,
Kerstin