Heute gibt es einen neuen Gastbeitrag und ich bin sehr froh, dass Nine sich bereit erklärt hat, ihre Geschichte zu erzählen. Sie hat ein Kind aus einer Beziehung und hat sich nach der Trennung dazu entschieden, ihrem Kinderwunsch nachzukommen und ein weiteres Kind zu bekommen. Das ist ziemlich mutig, denn das zweite Kind durch Samenspende zu bekommen, verlangt einiges an Überlegung.
Mein Weg zu Wunschkind Nummer zwei
Für mich war immer klar, dass ich unbedingt zwei Kinder haben möchte. Schon früher war das einfach ein ungeschriebenes Gesetz. Mit 30 war ich immer noch Single und sah schon, dass es eng werden könnte mit Partner finden, Entscheidung für ein Kind treffen, Kind kriegen, Entscheidung für noch ein Kind treffen..usw. usw…Also habe ich mich schon damals mit Alternativen beschäftigt wie Social Freezing oder Samenspende. Natürlich erstmal nur für ein Kind, dass ich mal ein zweites Kind durch Samenspende bekommen würde, war damals nicht absehbar.
Aber zum Glück lernte ich doch bald einen tollen Menschen kennen und wurde schwanger. Meine Große bekam ich mit 33. Die Beziehung hielt jedoch nicht und so trennten wir uns friedlich letztes Jahr. Zum Glück gab es keinen Rosenkrieg. Alles lief gesittet ab und so war es auch für unsere Tochter leichter. Ich bin mit ihr ausgezogen und wir wohnen nun ganz in der Nähe vom Papa, weil wir das Wechselmodell bevorzugen. Meine Kleine sieht ihren Papa fast jeden Tag und wir unternehmen noch manchmal Dinge zu dritt, feiern Geburtstage oder Weihnachten zusammen.
Nach der Trennung kam der Kinderwunsch direkt wieder
Ich bin sehr dankbar dafür, dass das alles so klappt, denn trotz allem ist es für meine Tochter eine Trennung gewesen, an der sie zu knabbern hat. Immer noch! Naja, nun war ich jedenfalls 36 und bekam innerlich ziemlichen Stress, weil die Chancen für ein zweites Kind nun echt zu schwinden schienen. Mir kamen so Fragen in den Sinn: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, nochmal jemanden kennenzulernen, mit dem es besser klappt als beim letzten Mal und der auch ein Kind möchte? Was ist, wenn mich es wieder so läuft wie bei der Großen? All diese Dinge machten mir mächtig Bauchweh und setzten mich ordentlich unter Druck.
Bald nach der Trennung meldete ich mich bei unterschiedlichen Singlebörsen an auf der Suche nach einem neuen Partner/ einem potenziellen Vater für mein zweites Kind. Aber ich bemerkte schnell diese inneren Widerstände. Ich wollte eigentlich keinen neuen Partner. Eigentlich war ich nur vom Kinderwunsch getrieben! Und da machte ich dann sofort einen Cut! Ich schmiss alle Dating Apps vom Handy und befreite mich davon. Für mich war klar, dass das nicht der richtige Weg sein kann. Das kann keine Basis für eine Partnerschaft sein und es wäre allen gegenüber unfair. Ich unterhielt mich dann mit einer Bekannten über das Thema und wir kamen schnell auf das Thema Samenspende zu sprechen. Und, ich kann es schwer beschreiben, auf einmal knallte es in meinem Kopf und ich dachte “JA!!!! Das ist es!!”.
Eine klassische Samenspende kam aber nicht infrage
Als diese Idee wieder aufploppte, sah ich es sofort als DIE Alternative. Ich würde mein zweites Kind durch Samenspende bekommen! Ich begann zu recherchieren, mich über Möglichkeiten zu informieren usw. Eine klassische Samenspende über eine Samenbank schien mir nicht wirklich attraktiv. So wie Katrin von Solomamaherz es gemacht hat, das kam für mich nicht in Frage. Ich mochte den Gedanken nicht, mir den Spender in Form eines Produktes aus dem Katalog auszusuchen und ich wollte nicht, dass mein Kind erst mit 16 Jahren die Möglichkeit hat, Informationen über den Spender zu erhalten. Kinder stellen doch mit 4 schon Fragen?! Es musste eine Alternative geben. Die private Spende war mir deutlich sympathischer.
Natürlich beschäftigte ich mich zeitgleich auch mit anderen sehr wichtigen Fragen. Vor allem natürlich: Will ich und kann ich das? Ich habe viel gerechnet, Szenarien durchgespielt, mir vorgestellt wie es ist, allein mit dem Kind zu sein? Wie wird es für die Geschwister sein? Ein Kind hat noch eine zweite Familie, das andere nicht! Wird das vom Kind als unfair empfunden? Was ist mit meiner Großen? Entfernt sie sich von mir und will nur noch zum Papa, weil sie bei mir nicht mehr die volle Aufmerksamkeit bekommt? Und und und…!! Ich habe mir wirklich viele Gedanken gemacht. Aber am Ende war für entscheidend, ob ich finanziell auf das Kind vorbereitet bin und ob ich mir vorstellen kann, für ein zweites Kind die alleinige Verantwortung zu tragen. Das habe ich für mich mit einem JA beantworten können.
Meine Suche nach einem Privatspender
Der ganze Rest, der in meinem Kopf herumspukt, sind natürlich berechtigte Ängste. Aber es sind auch alles Dinge die unvorhersehbar und sehr spekulativ sind. Ich weiß nicht, wie es wird. Ich weiß nur, dass sich meine Tochter so sehr ein Geschwisterchen wünscht und ich ein zweites Kind. Finanziell wird es auch funktionieren.. Und meine Eltern stehen hinter mir, auch wenn sie sich mit dem Gedanken und ihren Ängsten gerade noch etwas schwer tun. Also wieder zurück zur Spendersuche. Beim Forschen im Internet kam ich ziemlich schnell zu familyship.org. Die war mir sympathisch!! Alles schien seriös, entgegen so manch anderen Seiten, die man ja auch zahlreich finden kann im Netz. Ich meldete mich also an und erstellte mein Profil.
Ich suchte jemanden, der bereit ist, sein Kind kennenzulernen und bei Bedarf auch Treffen zustimmt, also vielleicht so unregelmäßig. Dass das Kind von Anfang an weiß, wer sein leiblicher Papa ist und einfach auch einen greifbaren Menschen dazu hat, war mir wichtig. Ich hatte auch über Co-Elternschaft nachgedacht. Hat ja viele Vorteile. Aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich so ein Modell ja quasi gerade bei meiner großen Tochter schon lebe. Mit noch einem Erwachsenen, mit dem man sich immer abstimmen muss, wird es mir zu kompliziert. Für mich passte es besser, mein zweites Kind durch Samenspende zu bekommen.
Nach 30 Minuten habe ich meinen Spender gefunden
Nachdem ich mein Profil fertig gestellt hatte, bekam ich nach nicht mal einer halben Stunde eine unheimlich freundliche Nachricht von einem potenziellen Spender. Er war soo sympathisch, erzählte einiges von sich, wie seine Vorstellungen sind usw.. Er schrieb mir, weil ihm mein Profil gefiel und sich unsere Ansichten zu der Thematik zu decken schienen. Wir schrieben ein paar Tage ziemlich ausführliche Nachrichten und beschlossen schnell, dass wir uns persönlich kennenlernen sollten. Das war auch kein Problem, weil er keine Stunde Fahrt von mir weg wohnt. Ich hatte wirklich bis dato nichts zu meckern. Und ich muss dazu sagen: Ich meckere richtig schnell und ich bin auch sehr kritisch. Gerade in so einer Situation gucke ich natürlich auch ganz genau hin.
Also trafen wir uns und lernten uns kennen. Wir waren uns tatsächlich sehr sympathisch. Er hatte tolle Ansichten, die Motivation für die Spende hat mich total überzeugt und einig über Ablauf und weiteres Verfahren waren wir uns auch. Wir bevorzugten beide die Bechermethode. Er zeigt mir auch sein aktuelles Gesundheitszeugnis, passte! Wir trafen uns dann noch einige Male und verbrachten einiges an Zeit miteinander. Mir war schon klar, dass nur er der Richtige dafür sein kann. Aber ich wollte ihn einfach noch besser kennenlernen, um etwas mehr Vertrautheit in diese intime Situation zu bringen. Ich wollte nicht, dass er für mich wie ein Fremder wirkt.
Als ich mir sicher war, wir starteten den ersten Versuch. Ich habe großes Glück mit meinen körperlichen Voraussetzungen. Bei meinem ersten Kind war ich sofort schwanger und mein Zyklus ist wirklich ziemlich regelmäßig. Ich deckte mich also mit allerhand Equipment für die Heiminsemination ein und beobachtete meinen Zyklus noch genauer. Einen Kalender führe ich schon seit zwei Jahren, einfach weil ich immer auf das zweite Kind vorbereitet sein wollte.
Die Samenspende
Ich bestellte Ovulationstests, die mir den Eisprung noch klarer anzeigen sollten. Also nur so zur Sicherheit, denn eigentlich konnte ich mich auf den Kalender ja schon gut verlassen. Ich habe an Tag 8 oder 9 mit dem Testen begonnen. Den ersten Monat nur zum Testen und danach wollten wir dann Ernst machen. Aber die Tests schlugen eigentlich nicht so richtig an. Die Testlinie sollte ja kräftig rosa werden. Das war irgendwie nicht der Fall. Sie schien halt nur an Tag 13 kräftiger rosa als davor und danach aber immer noch schwach. Laut Beipackzettel war das kein positives Ergebnis. Da aber meine Regel nach 29 Tagen kam, dachte ich dass mit dem Test irgendwas nicht stimmt.
Im zweiten Monat habe ich es wieder so gemacht. An Tag 12 hatte ich eine ganz zartrosa Linie. Ich wollte es probieren. Ich informierte den Spender und er kam abends bei mir vorbei. Nach seiner Spende ist er dann wieder los und ich konnte mich ganz in Ruhe auf meine Sache konzentrieren. Ich hatte auch alles soweit vorbereitet, dass ich nach der Insemination gar nicht mehr aufstehen muss. Vom Handling her war es eigentlich easy. Ich hatte solche 10ml-Spritzen, zog das Sperma auf und dann rein damit und Po hoch. Am nächsten Abend haben wir den ganzen Vorgang noch einmal wiederholt und dann hieß es warten. Ob es geklappt hat mit dem zweiten Kind durch Samenspende?
Schwanger nach dem ersten Versuch
EigentIich hatte ich schon nach 3 Tagen, dass Gefühl dass es geklappt hatte. Ich kann das schlecht beschreiben. Es ist einfach so ein inneres Gefühl. Das hatte ich bei meiner ersten Tochter auch. Die Aussage “ich bin schwanger” hat sich einfach wahr angefühlt und wenn ich mir gesagt habe “ich bin nicht schwanger”, dann war das gleich so ein innerliches “neeeee!!”. Aber ich dachte mir auch, dass mir mein Kopf da jetzt Streiche spielen könnte und, dass alles nur Wunschdenken ist. Schließlich bin ich 37 und wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit, dass es gleich klappt?!
Einen Frühtest wollte ich nicht machen. Die meisten Abgänge passieren mit der Regel, die dann doch kommt. Ich dachte, ich will dann lieber gar nicht wissen, dass ich schwanger war, falls mir das auch so geht. Ich hatte auch recht stressige Tage auf der Arbeit vor mir und ich dachte mir, ich teste einfach Ende der Woche (Zyklustag 30/31). Naja, meine Regel kam und kam nicht und an Tag 30 war ich dann doch sehr neugierig und machte nachmittags einen Test. Es waren wieder diese Billigdinger (die gleiche Firma von der ich auch schon die Ovutests hatte). Nichts schien zu passieren im Bereich der Testlinie..hm..passte nicht zu meinem Gefühl. Ich dachte, ich warte noch bis zum nächsten Morgen und wiederhole den Test dann. Das war mir aber vor der Arbeit zu aufwühlend, so dass ich es auf den Nachmittag geschoben habe. Wieder negativ.
Zum Glück hatte ich noch eine teurere Testvariante zu Hause und habe es damit einfach nochmal probiert. Und der Test hat es mir bestätigt. ICH BIN SCHWANGER!! UNFASSBAR!!!! Beim ersten Versuch hat es geklappt! Ich konnte es gar nicht richtig glauben, dass es tatsächlich so war. Das war auf jeden Fall ziemlich verrückt. Mein zweites Kind durch Samenspender ist unterwegs.
Das zweite Kind durch Samenspende
Wie Nine schreibt, ergeben sich noch einige Fragen mehr, wenn nur das zweite Kind durch Samenspende entsteht. Du hast dann zwei Kinder, eins vielleicht mit aktivem Vater, eins komplett ohne. Ab einem gewissen Alter merken die Kinder das natürlich auch. Ich habe schon mit Janina von perlenmama.de darüber gesprochen, sie hat so eine Konstellation, nur ist bei ihr das zweite Kind nicht durch Samenspende entstanden. Bei einem Kind wirst du getrennt erziehend sein, beim anderen alleinerziehend. Das ist ein großer Unterschied und auf jeden Fall zu bedenken.
Ich habe bei Nine nochmal nachgefragt, weil mich die Meinung des Ex-Partners sehr interessierte. Sie schrieb mir:
“Grundsätzlich ist er fein mit meiner Entscheidung. Ich hatte erst Angst davor, es ihm zu sagen, weil ich Sorge hatte, dass er Probleme sieht für unsere Tochter. Aber er hat gut reagiert. Das einzige, was er mir nahegelegt hat, ist, dass er es nicht zulässt, dass unsere Tochter zu kurz kommt. Das ist natürlich verständlich. Ich habe ja nicht vor, ein Kind gegen das andere auszutauschen.
Ich kann auch nicht abschätzen, wie er sich mit meinem zweiten Kind arrangiert, ob sich da vielleicht auch eine Verbindung entwickelt oder alles sehr distanziert abläuft. Mal gucken! Wenn sich die beiden in irgendeiner Form annähern, würde ich ihn sicher auch mal fragen, ob er im Notfall auch mal beide nimmt. Oder meine Große fragt ihren Papa, ob die Schwester oder Bruder mal mitkommen kann oder so. Das kann ja auch passieren. Aber ich rechne nicht damit und betrachte es erstmal nicht als Option. Ich würde auch gern mit den anderen Frauen Kontakt aufnehmen, die von meinem Spender ein Kind bekommen haben. Vielleicht ergibt sich irgendwann die Möglichkeit, dass sich die Halbgeschwister kennenlernen oder so. Ich mache mir ziemlich viele Gedanken darum, wie sich beide Kinder fühlen werden, besonders das zweite Kind hat ja schon andere familiäre Verhältnisse.”
Liebe Nine, vielen Dank für deinen Beitrag. Ich hoffe, du schreibst uns einen weiteren Bericht wenn das Kind etwas älter ist. Bis dahin alles Gute!

Hallo Jennifer,
danke für den interessanten Beitrag.
Der Link zu https://www.familyship.org/ funktioniert nicht: Der Link versucht nämlich “familiship” (mit “i” in der Mitte) aufzurufen, jedoch hat die Seite ein “y” in der Mitte: “familyship”.
LG und ein schönes WE
Max
Oh, danke für den Hinweis!